Vielfalt Säen – Zukunft ernten

Vor Beginn der Ausleihe von samenfestem Saatgut hatte der Arbeitskreis für Energie und Umwelt Patrick Kaiser zu einem Vortrag eingeladen, um das Thema grundsätzlich zu beleuchten. Nach dem Studium der Saatguttechnologie und Pflanzenzüchtung und einer Fahrradreise vom Bodensee nach Indien entstand bei ihm der Wunsch, sich für die Rettung und den Erhalt der Kulturpflanzenvielfalt einzusetzen. Er ist heute Vorstand im Verein Genbänkle e.V. und gründete 2020 in Tettnang die Initiative Tatgut (www.tatgut.de), um samenfestes Saatgut von Gartenraritäten zu erzeugen und zu verbreiten.

Eindrücklich zeigte er in seinem Vortrag auf, dass von weltweit rund 75.000 essbaren Pflanzen nur 660 Arten überhaupt angebaut werden. Nur 20 Pflanzenarten tragen zu 90% der Welternährung bei, wovon wiederum drei Pflanzenarten (Weizen, Reis, Mais) 60% des Kalorienbedarfs der Weltbevölkerung decken. Von 7.000 Gemüsesorten, die zwischen 1836 und 1956 bekannt waren, sind heute 75% verschollen.

Die Ursache ist ein Konzentrationsprozess auf allen Ebenen. Schon bei der Herstellung beherrschen drei Konzerne über 60% des Saatgut- und Pestizidmarktes. Ihr vorrangiges Ziel ist leider nicht, möglichst resistente Pflanzen zu züchten.

Die Anzahl der Anbaubetriebe hat sich in Deutschland seit 1995 halbiert, die Größe der übrig gebliebenen aber verdoppelt. Nach dem Motto „wachse oder weiche“ findet eine immer stärkere Spezialisierung statt. Die vorherrschende Anbauform ist die der Monokultur.

Auch im Bereich der Züchtung findet eine Konzentration statt. Viele Gemüsesamen werden nur noch an wenigen Orten gezüchtet, oft im asiatischen Raum (China). Wenn aber z.B. Gurkensaatgut nur noch aus den USA kommt, ist es nicht an unsere klimatischen Gegebenheiten und Böden angepasst und benötigt mehr Dünger und Pestizide. Andererseits sind ohne die Vielfalt keine angepassten Züchtungen mehr möglich, um auf klimatische Veränderungen zu reagieren.

Initiativen wie das Genbänkle e.V. versuchen, durch regelmäßiges Aussäen und Samengewinnung alte regionale samenfeste Sorten zu retten und zu erhalten. Der Schatz alter Sorten mit ihrer Vielfalt an Farben, Formen und Geschmack ist ein lebendiges Kulturerbe, das wir schützen müssen.

Dass das auch gelingt, zeigt die Erfolgsgeschichte der Alb-Linse: Einstverschollen, wird sie heute wieder in großem Umfang angebaut. Überhaupt wird angestrebt, wieder mehr Hülsenfrüchte (Bohnen, Erbsen, Linsen) anzupflanzen und dadurch in unserer Ernährung mehr auf die tollen pflanzlichen Proteinspender zu setzen, was nicht nur für Vegetarier/innen Sinn macht!

Auf die vielen Fragen blieb Patrick Kaiser keine Antwort schuldig. Am Ende bedankte sich Frau Christine Allgeier beim Vortragenden im Namen aller Anwesenden für den fachkundigen und spannenden Vortrag mit einem kleinen Präsent. Wie immer klang der Abend im „Cafe Berlin“ in der Alten Fabrik im angeregten Gespräch der Besucher aus.

Das Video von Patrick Kaiser kann hier heruntergeladen werden:

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*